Gütersloh. Einige Gütersloher werden Friedrich Wilhelm Schnurr vielleicht mit Beethovens 5. Klavierkonzert im Dezember letzten Jahres in der Stadthalle erlebt haben. Wer den emeritierten Detmolder Klavierprofessor allerdings erneut am Sonntag hören konnte, und das waren im überfüllten Theater trotz starken Konkurrenzangebots (gibt es eigentlich keine Kommunikation unter den Veranstaltern?) nicht wenige, durfte den Pianisten in einer von äußeren Zwängen und Rücksichten befreiten Situation und somit entspannter Stimmung erleben.
Franz Schuberts letzte Sonate in B-Dur D 960 stand im Zentrum des Abends, flankiert von Werken des jungen Beethoven (Sonate c-Moll op. 10/1) und vier Einzelwerken Prüderie Chopins, die Schnurr im zweiten Teil des Konzertes en bloc spielte. Eine Werkauswahl also, die jeweils andere Qualitäten vom Pianisten abverlangt. Und die doch in ihrer Darstellung die unverkennbare Handschrift Friedrich Wilhelm Schnurrs trugen. Ein wenig mochte man sich an bei Schnurrs Spiel an die Aufnahmen des späten Backhaus erinnert fühlen. So uneitel werkdienlich, so innig belebt, dabei von profunder manueller Souveränität spielen nur wenige Pianisten. Gerade einem Werk wie Schuberts B-Dur-Sonate kann die unverstellte Sicht auf den Notentext nur gut tun. Vor allem die gewaltigen Dimensionen des Kopfsatzes wusste Friedrich Wilhelm Schnurr mit flüssigem, aber nie gehetzt wirkendem Tempo zu raffen, wobei er auf die Wiederholung der Exposition verzichtete und damit die vielfach zitierten „himmlischen Längen” nicht unnötig dehnte. So genau und sensibel Schnurr die Details auskostete, vergaß er nicht den Blick auf die große Form.
Das gilt für den Bau des Kopfsatzes wie für das Sonatenganze. Die vermeintliche Heiterkeit des Finales erführ bei ihm mit deutlich herausgearbeiteten dramatischen Passagen und Moll-Eintrübungen die so schwer darzustellende Schubertsche Doppelbödigkeit.